Fest der Sinne: Was Sie über Düfte noch nicht wussten

Vor Jahren noch mehr ein belächelter Claim der Esoterik, kann die Aromatherapie heute ernst zu nehmende wissenschaftliche Ergebnisse der Beeinflussung unserer Sinne vorweisen.

Er ist so fein, dass man ihn manchmal kaum wahrnimmt, aber er stimmt ungemein fröhlich. Und er nimmt ganz gehörigen Einfluss auf unsere Sinne. Denn kaum ein anderes sinnliches Erlebnis beeinflusst die Seele so sehr wie der Duft. Das ahnte man immer schon. Doch erst seit ein paar Jahren weiß man, weshalb. Seit nämlich in der Nasenscheidewand ein sensibles Feld entdeckt wurde, das so genannte vasonormale Organ. Es reagiert feinste Siganalstoffe und Spurenelemente von Düften, die bewusst kaum wahrzunehmen sind. Von diesem sensiblen Flecken gelangen die Duftsignale direkt in jenen Teil des Gehirns, der für Gefühle und Erinnerungen zuständig ist - ins limbische System. Dort wird die Produktion von Neurotransmittern angekurbelt, die für die Gedanken zuständig sind und obendrein das vegetative Nervensystem steuern. Via Hypophyse  kommt auch noch Hormonausschüttung in Gang, alles dank feinster Spurenelemente. Kein Wunder, dass die Aromatherapie jetzt einen ungeahnten Aufschwung nimmt.

Vor ein paar Jahren noch war die Aromatherapie ein belächelter Zweig der Esoterik. Mittlerweile kann sie ernst zu nehmende wissenschaftliche Ergebnisse vorweisen. So lassen sich nicht nur die Träume von Testpersonen durch wechselnde Düfte steuern, wie die Berkeley University in den USA eruierte.

Deutliche Leitstungssteigerung
Mit Veilchenaroma in Klassenzimmer steigern sich die Leistungen von Schülern (Studie der Pariser Sorbonne). Japanische Sekretärinnen machten im Großversuch nur die Hälfte an Tippfehlern, wenn ein Hauch von Zitrone im Raum hing - was seither in besseren japanischen Büros zuverlässig der Fall ist. Und Wissenschaftler der Universität Kiel ermittelten, dass ein wenig Pfefferminzöl, sanft auf die Schläfen aufgetragen, die gleiche Wirkung erzielt wie ein gängiges synthetisches Kopfschmerzmittlel. Und die emsig verschriebenen Breitband-Antibiotika lassen sich nach einer Studie der London University vollkommen nebenwirkungsfrei durch einen Mix an ätherischen Ölen von Thymian, Oregano, Bohnenkraut, Zimt und Nelke ersetzen.

Gravierende Erfolge bei Infekten
Der Grund für die staunenswerte medizinische Wirkung der Düfte ist noch lange nicht bekannt. Bis vor wenigen Jahren glaubte man, Pflanzen entwickelten ihre Duftstoffe ausschließlich, um Bienen und Schmetterlinge zum Bestäuben anzulocken. Inzwischen weiß man: Die Pflanzen halten sich mit den ätherischen Ölen schädliche Mikroben, Mikropilze und Viren vom Leib. Die flüchtigen Düfte wirken also erstens antimikrobiell und antibakteriell. Deshalb lassen sich mit ihnen Infektionskrankheiten behandeln. Und deshalb haben sie so frappierende Erfolge bei grippalen Infekten, Herpes, Gürtelrose oder Blasenentzündungen. Und zweitens wirken dieselben ätherischen Lockstoffe, von denen sich arglose Schmetterlinge betören lassen, wohltuend auch auf das menschliche Nervensystem. Sie geben den Impuls zur Entspannung, Lockerheit und zu neuer Aufnahmebereitschaft.

Impulse für neue Power
Auch regen ätherische Öle die Produktion von körpereigenen Endorphinen und Serotonin an;  das sind milde euphorisierende Stoffe. Das Schnuppererlebnis der Öle von Zeder, Ysop und Wacholder soll ein hundertprozentiges Powersignal für Körper und Geist versenden. So haben sich, anders als in Europa, japanische und amerikanische Unternehmen die Gunst der Öle längst für eigene Belange zu Nutze gemacht: Per Klimaanlage sollen Bergamotte, Grapefruit oder Petitgrain den Montags-Blues in Büro-Silos vertreiben und euphorisierende Myrrhe schädlilche Hemmungen von Gamblern in Spielcasinos vertreiben.

Längst hat sich in der amerikanischen Dienstleistungsgesellschaft der Beruf des individuellen Duftberaters etabliert. Der verschreibt etwa den Power-Mix aus Bergamotte, Neroli, Geranie und Eisenkraut für den erfolgreichen Karrieretag, eine Melange aus Moschus, Sandelholz, Ylang-Ylang für die abendliche Verführung oder den Stimmungsheller aus Hyazinthe, Neroli und Minze für den lästigen Wochenendbesuch bei der Schwiegermutter.

So schamlos trendmäßig wollen deutsche Aromaexperten nicht auftreten, weil auch die Öle sehr individuelle Wirkungen hinterlassen. Mit der Lebenserfahrung ändert sich auch das Repertoire der bevorzugten Düfte. Einige, die früher als betörend empfunden wurden, erscheinen heute als überflüssig oder sogar  lästig. Sie waren eine Zeit lang Wegbegleiter und stärkten etwas, wie etwa die Sinnlichkeit. Irgendwann ist die Sinnlichkeit entwickelt, etwas anderes soll wachsen. Und damit muss sich die Duftmischung ändern.

Der Mensch besitzt etwa 400 verschiedene Duftrezeptoren. Besteht ein Duft aus vielen chemischen Komponenten, regt er mehrere Rezeptortypen an. Über komplexe Reaktionskaskaden wird die Duftinformation in elektrische Signale umgesetzt, die über einen langen Nervenfortsatz an das Riechhirn weitergeleitet werden. Dort werden die elektrischen Impulse analysiert und in ein neues Erregungsmuster übersetzt, um die Informationen für höhere Gehirnzentren lesbar zu machen. Diese Zentren können Gefühlsregungen, Erinnerungen, Hormonsteuerungen oder immunologische Prozesse auslösen. Dabei kommt manchmal Verblüffendes zutage:

Liebe geht durch die Nase: Selbst die Partnerwahl wird durch unseren Geruchssinn und den Körpergeruch beeinflusst. Je größer die Diskrepanz zwischen dem eigenen Duftprofil und dem eines potenziellen Partners ist, desto attraktiver wird er empfunden. Studien  haben ergeben, dass Ehepaare, die sich scheiden ließen, zu annähernd 90 Prozent einen ähnlichen Körpergeruch hatten.

Noch in anderer Hinsicht spielen Gerüche eine Rolle für die Partnerschaft. Frauen scheiden während der fruchtbaren Tage in erhöhter Menge so genannte Kopuline aus. Der Geruch dieser Fettsäuren treibt beim Mann den Testosteronspiegel in die Höhe und steigert seine Lust auf Sex.

Diese Aspekte der ofaktorischen Reizverarbeitung können entweder mit physiologischen oder psychologischen Testmethoden untersucht werden.

Alles, was in der Riechstoffindustrie jedoch derzeit gemessen werden kann, sind körperliche und emotionale Reaktionen, ohne dass vor allem im psychologischen Bereich genaue Messeinheiten zur Verfügung stehen.

Warum es so schwer ist, Vorlieben für bestimmte Düfte in Worte zu fassen, erklären Wissenschaftler damit, dass Gerüche im Gehirn eine klare Begriffszuordnung haben. Es gibt nur erlebte Inhalte oder sensorische Affekte. Eine Geruchswahrnehmung ist daher immer der Geruch von "irgendetwas".

 

Foto/Quelle: Shutterstock/titov dmitriy, beautypress

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